Mittwoch, 24. Dezember 2014

Sudetendeutsche Wissenschaftler: Methoden und Erkenntnisse, die unter deren Namen Eingang in die Wissenschaftsnomenklatur fanden






                              Sudetendeutsche Wissenschaftler

           Methoden und Erkenntnisse, die unter deren Namen Eingang in die                  
                                       Wissenschaftsnomenklatur fanden   

Nicht nur, dass die älteste deutsche Universitätsgründung (Karls-Universität/1348 -  ab 1654 Karl-Ferdinands-Universität ) in Prag - bis weit in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Kulturmetropole mit einer überwiegend deutschsprachigen Bevölkerungsstruktur - stattfand. Auch Olmütz (1573) und Brünn verfügten über  deutsche Universitäten. Daneben existierten in Prag und Brünn auch renommierte deutsche Technische Hochschulen und im gesamten Sudetengebiet ein ausgebautes (Fach-)Schulsystem mit einem flächendeckenden Gymnasialangebot und einer Reihe Staatsgewerbeschulen / Lehrerbildungsanstalten/ Ingenieurschulen / Fachschulen (u.a.Textil/Glas/Ton-Keramik) und Landwirtschaftlichen Akademien.

Welche Vielzahl bedeutender Beiträge zum europäischen Geistes-, Wirtschafts-, und Kulturleben aus diesem akademischen Umfeld hervorging, mögen nur die  Namen einiger  Professoren und Studenten (Max Brod / Christian A. Doppler / Albert Einstein / Georg Hamel /  Franz Kafka /  Viktor Kaplan /  Ernst Mach /  Gregor Mendel) belegen.

Aber auch die Namen folgender Persönlichkeiten mit sudetendeutscher Herkunft  -  teilweise mit Studienorten in Deutschland bzw. der k.u.k. Monarchie -  sind mit besonderen (wissenschaftlichen) Leistungen verbunden: Oskar Baudisch / Eugen Böhm-Bawerk  /  Peter Grünberg (Nobelpreis 2007) / Hermann Heller / Edmund Husserl / Hans Kelsen / Karl Koller / Horst Löb / Josef Ressel / Eugen Sänger / Herwig  Schopper / Joseph A. Schumpeter.

Eine besondere Anerkennung für herausragende Leistungen ist die Namensverbindung als wissenschaftlicher ’terminus technicus’ in der Fachliteratur mit der jener Persönlichkeit, auf die das/die jeweilige Verfahren/Erkenntnis zurückgeht - wie z.B.:

Anton-Babinski-Syndrom: (Visuelle Verkennung d. Blindheit nach Sehbahnenschädigung)
Mitbenannt nach dem 1858 geb. Saazer (B) Neurologen/Psychiater Prof. Gabriel Anton.

Ballingsche Formel: (Umrechnung Stammwürzegehalt d.  Bieres auf Vol. %).
Nach dem 1805 in Gabrielahütten/Saaz (B) geborenen Chemie-Prof. Karl  J.N. Balling.

Baudißsche Lenksteuerung: (für Dampfmaschinen)
Nach dem 1904 in Prag geborenen Maschinenbau-Prof. Leo Baudisch.

Beckische Linie: (Bestimmungsmethode für Mineralien)
Nach dem 1855  geborenen Prager Mineralogie-Prof. Friedrich Becke.

Benson-Kessel: (überkritischer Zwangsdurchlaufkessel ohne Trommel / Siemens-Patent).
Nach dem in USA/GB ausgewanderten sudt.-dt. Ing. M. Benson (ursprgl. M. Müller).

Chrobakscher Sondenversuch (Sondeneingriff in nekrotisches Gewebe d. Zervixkarzinom)
Chrobaksche Operation: (supravaginale Hysterektomie)
Otto-Chrobak-Becken: (Vorwölbung von Hüftpfannne und -kopf)
(Mit-) Benannt nach dem 1843 in Troppau (M) geb. Gynäkologen Prof. Rudolf Chrobak.

Chvostek-Zeichen: (Übererregbarkeit der Gesichtsnerven)
Nach dem 1835 in Mistek-Friedeck (M) geborenen Prof. Franz Chvostek.
Nach seinem 1864 in Wien geborenen Sohn benannt: Chvosteksche Anämie

Cori-Ester: (Zwischenprodukt beim Auf- u. Abbau des Glykogens)
Mitbenannt nach dem 1896 in Prag (B) geb. Ehepaar Gerty u. C.F. Cori (Nobelpreis 1947).

Etrich-Taube: (Eines d. ersten in größerer Stückzahl gebaute Schul- u. Aufklärungsmodelle)
Nach dem 1879 in Ober Altstadt/Trautenau (B) geb. Flugzeugkonstrukteur Ignaz Etrich.

Falta-Syndrom: (Polyglanduläre Insuffizienz - Blutdrüsensklerose ).
Nach dem 1875 in Karlsbad (B) geborenen Prof. Wilhelm Falta.

Fischel-Ektopie: (Zervikalkanal-Ephitel bei weiblichen Neugeborenen)
Nach dem 1851  geborenen Prager Gynäkologen Privatdozent Wilhelm Fischel.

Fischer-Tropsch-Synthese: (Künstliche Herstellung von Treibstoffen)
Mitbenannt nach dem 1889 in Plan/Tachau (B) geborenen Chemiker Hans Tropsch.

Freud’scher Versprecher: (Lapsus linguae - unbewusste Aussage durch Versprecher)
Nach dem 1856 in Freiberg (M) geborenen Begründer der Psychoanalyse Sigmund Freud.

Fuchs-Rosenthal-Zählkammer:(Zellenzählung bei klinischer u. wissenschaftl. Diagnostik)
Mitbenannt nach dem 1870 in Prag (B) geborenen Neurolgen Prof. Alfred Fuchs.

Lambliasis: (Durchfallerkrankung durch Parasit ’Giardia lamblia’).
Nach dem 1824 in Lettin/Pilsen(B) geborenen Mediziner Prof. Wilhelm Lambl.

Glaser-Haempelsche Fischtest: (Schwangerschaftsbestimmung)
Mitbenannt nach dem 1870 in Lichtenstadt/Karlsbad(B) geborenen  Prof. Erhard Glaser.

Gödelsches Unvollständigkeitsgesetz:(’In widerspruchsfreiem System ist Unbeweisbares’)
Nach dem 1906 in Brünn (M) geborenen Mathematiker Kurt Gödel.

Hasner-Falte: (Schleimhautfalte im Nasengang/plica lacrimalis)
Nach dem 1819 in Prag (B) geborenen Opthalmologen Prof. Josef v. Hasner.

Heinl-Vorwärmer / Heinl-Vergaser:
Nach dem 1880 in Haid (B) geborenen Techniker Prof. Franz Heinl.

Satz von Herglotz: (In der Differentialgeometrie)
Wiechert-Herglotz-Methode: (In der Erdbebenforschung)
(Mit) Benannt nach dem 1881 in Wallern (B) geborenen Prof. Gustav F.J. Herglotz.

Hofmeister-Reihe: (Beschreibt unterschiedliche Fällungswirkungen von Salzen)
Nach dem 1850 in Prag (B) geborenen Mediziner/Chemiker Prof. Franz Hofmeister.

Husserlscher Ansatz: (In derPhilosophie/Soziologie)
Nach dem 1859 in Proßnitz (M) geb. Philosoph und Mathematiker Prof. Edmund Husserl

Jacksche-Anämie/(Jaksch-Hayem-Syndrom):
Nach dem 1855 in Prag (B) geborenen Kinderarzt Prof. Rudolf v. Jacksch

Kahler-Picksche-Gesetz: (Anordnung der Nervenfasern)
Nach dem 1849 in Prag (B) geborenen Prof. Otto Kahler.
Nach dem 1851 in Groß-Meseritsch/Saar (M) geborenen Psychiatrie-Prof. Arnold Pick.

Loschmidt (o. Avogrado)-Zahl/Konstante: (Zahl d. Moleküle pro idealer Gaseinheit)
Nach dem 1821 in Putschim/Karlsbad(B) geborenen Physiker Prof. J. Joseph Loschmidt.

Machsche-Wellen/-Effekt: (Messung d. Schallgeschwindigkeit / ’Doppler’-Effekt)
Nach dem 1838 in Chirlitz/Brünn(M) geborenen Physiker  Ernst Mach.

Maier-Form: (Schiffsform mit gleitendem Rumpf)
Nach dem 1844 in Znaim (M) geb. Schiffskonstrukteur Fritz F. Maier.

Mauthnersche Membrane: (Innere Teil der Zellen-Isolationshüllen)
Nach dem 1840 in Prag (B) geborenen Augenarzt Prof. Ludwig Mauthner.

Mattauchsche Isobarenregel: (Empirische Regel der Radio-/Kernchemie)
Nach dem 1895 in Mährisch Ostrau (M) geborenen Physiker Josef Mattauch.

Mendelsche Gesetze: (Vererbungslehre)
Nach dem 1822 in Heinzendorf/Odrau(M) geborenen Abt Gregor J. Mendel.

Molisch-Probe: (Nachweis von Kohlehydraten)
Nach dem 1856 geborenen Brünner (M) Botaniker Prof. Hans Molisch.

Morbus maixneri: (Leberzirrhose mit Milz- u. Lebervergrößerung u. Darmblutungen)
Nach dem 1847 in Nischburg (B) geborenen Internisten Prof. Emerich Maixner.

Mucha-Habermann-Syndrom: (Infektallergische inflammatorische Hauterkrankung)
Mitbenannt nach dem 1877 in Königgrätz (B) geborenen Dermatologen Prof. Victor Mucha.

Neubauer-Kammer: (Zum Zählen v. Zellen in Suspensionen am Mikroskop)
Nach dem 1874 in Karlsbad (B) geborenen Internisten Otto Neubauer.

Osersche-Magenschlauch: (Ersatz für starre Magensonde)
Nach dem 1839 in Lundenburg (M) geborenen Prof. Leopold Oser.

Picksche Körper: (Komplemente aus Antikörpern und Neurotubili)
Morbus-Pick: (Beschreibt Symptome der Demenzerkrankung)
Nach dem 1851 in Groß-Meseritsch/Saar (M) geborenen Neurologen Prof. Arnold Pick.

Prießnitz-Umschlag: (feuchtkalter Wickel / Wasserkuren)
Nach dem 1799 in Gräfenberg/Freiwaldau (M) geborenen Vinzenz Prießnitz.

Rickettsia prowazekii:(Entdeckte Fleckfiebererreger/ Zusammenarbeit mit Paul Ehrlich)
Nach dem 1875 in Neuhaus (B) geborenen Stanislaus Prowazek Edler v. Lanow.

Radon-Transformation: (Integraltransformation einer Funktion in zwei Variablen)
Nach dem 1887 in Tetschen-Bodenbach (B) geborenen Mathematiker Prof. Johann Radon.

Reuss-Farbtafeln: (Diagnose der Farbenblindheit)
Nach dem 1841 in Bilin/Teplitz-Schönau(B) geborenen Augenarzt Prof. A. Leopold v. Reuss.

Rust-Krankheit/Desease: (Tuberkulose der Halswirbel)
Nach dem 1775 in Jauernig/Freiwaldau (M) geborenen Prof. Johann N. Rust.

Schrothkur: (Naturheilverfahren mit Trink- und Trockentagen)
Nach dem 1898 in Böhmischdorf/Freiwaldau (M) geborenen Johannes Schroth.

Schüllersche-Krankheit: (Erkrankung durch Lipoideinlagerungen im Kindesalter)
Nach dem 1874 in Brünn (M) geborenen Neurologen Arthur Schüller.

Skodasches-Band: (Anatomische Beschreibung des Pferdes)
Nach dem 1872 in Oslawan/Brünn (M) geborenen Veterinärmediziner Prof. Karl Skoda.

Skraup-Synthese: (Synthese von Chinolin und dessen Derivaten)
Nach dem 1850 in Prag (B) geborenen Chemiker Prof. Z. Hans v. Skraup

Stellwag’sches Zeichen: (Seltener Lidschlag bei Schilddrüsenerkrankung)
Nach dem 1823 in Langendorf/Mähr. Neustadt(M) geborenen Augenarzt Prof. Karl Stellwag

Türcksche Kammer: (Hämozytometer zur Quantifizierung v. Zellen - z.B. Leukozyten)
(auch Bürker-Türk Kammer)
Türksche Reizformen: (Lymphatische Plasmazellen/Reizform)
Nach dem 1871 in Wiese (M) geborenen Internist/Hämatologie- Prof. Wilhelm Türk.

Voith-Schneider Propeller: (Schiffsantrieb mit Antriebs- u. Steuerungsmechanismus)
Mitbenannt nach dem 1894 in Gaya/Göding (M) geborenen Techniker  Ernst L. Schneider.

Weil-Felix-Reaktion: (Nachweismethode für Fleckfiebererkrankung)
Mitbenannt nach dem 1879 in Tachau (B) geborenen Hygiene-Prof. Edmund Weil

Weil-Kafka-Reaktion: (Hämolysinreaktion)
Nach dem 1879 in Tachau (B) geborenen Hygiene-Prof. Edmund Weil
Nach dem 1881 in Karlsbad(B) geborenen Serologen Prof. Victor Kafka

Wolf-Palisa-Sternkarten: (entdeckte über 100 Planetoide)
Nach dem 1848 in Troppau (M) geborenen Astronom Johann Palisa.

Zappert-Syndrom: (Zerebraler Tremor des Kopfes/Gliedmaßen bei Kleinkindern)
Nach dem 1867 in Prag (B) geborenen Kinderarzt Prof. Julius Zappert.

Zaufal’sche-Prinzip: (Unterbindung von Venen)
Nach dem 1837 in Puschwitz/Poderssam (B) geborenen HNO-Prof. Emanuel Zaufal.

Zippe-Zentrifuge: (Gaszentrifuge zur Urananreicherung)
Nach dem 1917 in Warnsdorf (B) geborenen Physiker u. Radiumforscher Gernot Zippe.



                                Wissenschaftliche Bestimmungstermini

Botanische/zoologische:
’Atomaria lederi’ (u.a. Insekten mit Namenszusatz)- Leder, Hans -geb.1843 in Jauernig (M)
’Bergers Rekord’ (Dahlie) - Vincenz Berger - geb. 1883 in Komotau (B)
’Carum Lumpeanum’ (Doldenblütler)  - Heinrich Lumpe - geb. 1859 in Neudaubitz (B)
’Crocus sieberi / Limonium sieberi’ - Franz W. Sieber - geb. 1789 in Prag (B)
’Epipactis voethii’ (heimische Orchidee) - Walter Vöth - geb.1919 in Mähr. Schönberg (M)
’Ficus bojeri’ - Wenzel Bojer - geb. 1795 in Resanitz/Pilsen (B)
’Hackelia …’  (Zusatz zu verschd. Grasarten) - Eduard Hackl - geb. 1850 in Haida (B)
’Kamelie’ - (Pflanzenart) - Georg Kamel - geb. 1881 in Brünn (M)
’Macromitrium gebaueri’  - Anton K. Gebauer - geb. 1872 in Benisch/Freudenthal (M)
’Mikania willd’ (Asteraceae) - Josef G. Mikan - geb. 1743 in Böhmisch Leipa (B)
’Typhlotrectus bilimeki’ (Käferart) - Dominik Bilimeki - geb. 1813 in Neutitschein (M)
‘Werauhia patzeltii‘ (Ananasgewächs) - Erwin Patzelt - geb. 1924 in Tschema/Hohenelbe(B)

Mineralien:
’Böhmite’ (aluminiumhaltiges Mineral) - Johann Böhm - geb. 1895 in Budweis (B)
’Tertschit’ (Boratmineral) - Hermann J. Tertsch - geb. 1880 in Alt Petrein/Znaim (M)
’Zippeit’ (Urangestein) - Franz X. Zippe - geb. 1791 in  Nieder Falkenau (B)

(B) = Böhmen / (M) = Mähren


                                                                                                                

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